Text für den Verkündigungsteil der ThomasMesse am <25. 12. 2007>
Im St. Petri Dom zu Bremen
Jes. 9
Einleitung
Maria, Joseph, das Kind in der Krippe.
Eine junge Frau, vom Schicksal überrascht.
Ein Mann, der Vater für ein Kind wird, das nicht von ihm ist.
Ein Säugling – schreiend, hilfebedürftig;
so wie alle Kinder auf der ganzen Welt.
Sie bleiben nicht allein. Es kommen Menschen
dazu. Menschen, die unterschiedlicher kaum sein können. Dahergelaufene Hirten.
Umherirrende Könige. Auf der Suche sind sie alle.
Wir heute waren nicht dabei. Wir haben nicht an
der Krippe gestanden.
Aber andere waren für uns da, um davon zu berichten.
Hören wir, was sie zu erzählen haben.
Heiner
Weihnachten aus Sicht eines Hirten
mich bestimmt nicht! Und dann sagte er noch, ich solle zu dieser Familie hier
gehen, die hätten ein Kind bekommen, na toll, das Letzte, was ich gebrauchen
kann, trautes Familienglück, we are family, damit ich`s noch deutlicher hab,
dass ich ein Niemand bin, ein N„Hm...jetzt bin ich hier, na toll, ich hab diesen
weiten Weg von den Hürden zurückgelegt, nur weil....verdammt, ich weiß nicht,
was mich getrieben hat... ich muss getraümt haben?! Na ja, und dann war da diese
Stimme...nein, eigentlich war da erst dieser Stern und dann hörte ich so was
wie:“ Du bist allein? Ohne Familie? Randgruppe dieser Gesellschaft? Macht
nichts, freu Dich, jetzt wird alles gut!“ Mich freun? Diesen feißten Engel hätte
ich fast ins Gesicht gespiehen, alles wird gut? Nur für wen, für ichts, das
keiner will?!
Irgendwann, bin ich irgendwo aus einer Familie gefallen, na, und dann irgendwie
übrig geblieben, hab keine mehr abgekriegt, wer will schon so jemanden wie mich,
Tag und Nacht bin ich da draußen, bei den Tieren und bin allein, verdammt, Ich
hab mich ans Alleinsein gewöhnt, jetzt brauch ich auch niemanden mehr, was soll
ich da mit`ner Familie, mit so`ner fremden auch noch, bettelarm dazu, wie ich
selbst...
Aber irgendwie musste ich mich doch auf den Weg machen, ich weiß auch nicht, was
mich getrieben hat. `N paar Kollegen von mir, da draußen auf dem Feld, die
sagen:“ Komm, man, sei froh, dass de keine abgekriegt hast, du bist allein und
sorgenfrei, hast keinen Ärger am Hals. Familie, das heißt nur Kummer und
Streiterei“...
Total ätzend! Die würden gern mit mir tauschen? Was wissen die schon von echter
Einsamkeit. Wenn ich da draußen den Sternen am dunklen Himmel hinterherstarre
und nicht mal meine eigene Haut spüre.... und dann war da plötzlich dieses Licht
in der Dunkelheit geboren und dann dieser Engel, der mich da plötzlich
anstrahlte und lachte... oh man, entweder bin ich völlig verrückt oder hier ist
grad die bedeutenste Sache der Welt geschehen...
Ich weiß nicht, dabei ist das Kind doch denen geboren, die sind Vater und
Mutter. An Josephs stelle hätte ich die Maria auch genommen, ist doch egal, von
wem das Kind ist, Hauptsache nicht mehr allein, Hauptsache eine Familie, ein
Kind....
Petra
Weihnachten aus Sicht eines Königs
In meinem Leben bin ich noch nicht in so einem ärmlichen Stall gewesen.
Könige geben sich selten mit Stallarbeit ab.
Der Geruch der Tiere, der Dreck, die Enge, die Armut. Das alles ist mir fremd.
Ich bin mit einem goldenen
Löffel im Mund zur Welt gekommen. Meine Zukunft war vorherbestimmt. Ältester
Sohn der königlichen Familie. Die Weisen des Landes haben mich unterrichtet.
Die Feldherren meines Vaters haben mich geschult. Mein Leben verlief in engen
Bahnen. Immer nur zusammen mit meinesgleichen.
Die Stimme der Sehnsucht habe ich aber immer gehört.
Oft war sie leise, flüsternd, kaum wahrnehmbar. Aber gehört habe ich sie immer.
Tief in mir drin. Ich habe geträumt von einem anderen Leben. Von Freiheit,
Liebe. Selten habe ich mich getraut, darüber zu sprechen.
Könige dürfen ihre Bedürftigkeit nicht zeigen. Von uns wird Stärke erwartet,
Entscheidungsfähigkeit, Weisheit. Aber Sehnsucht? Nein, bestimmt nicht.
Ich habe davon geträumt, geliebt zu werden. Sicher – Frauen haben ich gehabt.
Und doch blieb meine tiefste Sehnsucht unerfüllt. Immer ist dieses Verlangen
geblieben: Geliebt zu werden – unabhängig von meiner Macht.
Ich habe viele Fragen. Was ist der Sinn hinter allem? Mit den Weisen im Land
meines Vaters habe ich oft gesprochen. Oft Stunden lang. Und ich habe viele
Antworten gehört.
Und irgendwann kam die Erkenntnis: Die Antworten der anderen bringen mich nicht
weiter. Ich muss mich selbst auf den Weg machen. Muss mich von meiner Sehnsucht
treiben lassen.
Und nun steht ich hier – in diesem erbärmlichen Stall.
Vor mir dieses Paar. Ich kenne noch nicht mal ihre Namen.
Die Frau sieht glücklich aus. Erschöpft. Ihr Gesicht ist verschwitzt. Aber
glücklich.
Neben ihr ihr Mann – voller Stolz schaut er auf sein Kind.
Ganz dicht neben mir steht ein anderer Mann. Er trägt einen staubigen Mantel.
Neben ihm auf dem Boden liegt sein Hirtenstab. Ein Hund ist an seiner Seite. Der
Mann riecht nach Tieren, nach Arbeit. Er ist mir fremd.
Alle diese Menschen – im wirklichen Leben wäre ich ihnen wohl nie begegnet.
Und doch sind wir jetzt hier zusammen. So unterschiedlich wir auch sind. Das
Kind hat uns zusammengeführt.
Christine
Lesung des Predigttextes
aus dem Buch des Propheten Jesaja, Kapitel 9
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht,
und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.
Denn uns ist ein Kind geboren,
ein Sohn ist uns gegeben,
und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter;
und er heißt
Wunder-Rat,
Gott-Held,
Ewig-Vater,