Text für den Verkündigungsteil der ThomasMesse am 26.01.97
Im St. Petri Dom zu Bremen
D:
Du bist fröhlich? ! Das ganze Geld hast du verpraßt und dann traust du dich noch zurück, hierher.
U:
Ja, ich bin glücklich, weil Vater mich empfangen hat, statt mich fortzuschicken, weil ich nach Hause durfte. Ich bin fröhlich, weil alle sich freuen, daß ich wieder da bin.
D:
Du hattest sooo viel Geld, konntest Dir alles kaufen, jeden Luxus leisten - weit weg fahren.
U:
Viel Geld. Am Anfang war es viel Geld. Am Anfang wurde es auch gar nicht weniger. Aber weißt Du wie lange ich fort war?
D:
Ja, du warst lange weg. Ich war die ganze Zeit allein hier und hab immer gearbeitet.
U:
Arbeit, Arbeit, Arbeit, das habe ich immer von Euch gehört, aber irgendwann wußte ich nicht mehr, wofür? Hier war es zu eng für mich. Ich wollte raus hier, wollte mehr sehen. Wollte mir eine eigene Existenz aufbauen.
D:
Wieso ein eigenes Leben aufbauen, reicht es dir hier nicht. Wenn du es hier nicht aushältst, warum bist du dann zurückgekommen?
U:
Das ist mir auch verdammt nicht leicht gefallen. Aber es hat wirklich nicht lange gedauert bis mein Erbteil weg war. Bis dahin hatte ich viele Freunde, aber die verschwanden, als ich kein Geld mehr hatte, um mit ihnen zu feiern. Am Anfang ließ mich der eine oder der andere dann ja noch bei sich arbeiten, sodaß ich davon leben konnte. Aber als die Hungersnot kam, erinnerten sich immer weniger an mich und dann wurde es bitter.
D:
Du bist doch freiwillig gegangen, du hast es dir ausgesucht, du hättest es dir vorher überlegen sollen.
U:
Du bist schlau, du warst schon immer der Schlauere von uns beiden. So oft hast du mir den Spiegel vorgehalten, um mich zu belehren, aber weißt du, daß man sich im Spiegel immer genau verkehrt sieht?
Ich wollte mich finden. -- Ich spürte, daß mir hier irgendwas fehlt und wußte doch nicht, was. Das Geld von Vater konnte diese Lücke gut ausfüllen. -- Aber ich wußte nicht was dann kommt. Hungern, nicht wissen, wann ich wieder was zu essen bekomme. Weißt Du, was das heißt? Ich hätte betteln können, aber keiner hätte mir was gegeben. Ich wollte ja arbeiten, aber ich fand keine Arbeit. Am Schluß hütete ich die Schweine, nur um ein Dach über dem Kopf zu haben, aber ich bekam noch nicht einmal zu essen. Ich hätte stehlen müssen, um zu überleben. Da bin ich zurückgekommen. Es ging mir schlecht, aber bei den Schweinen hatte ich auch viel Zeit nachzudenken. Und in der Zeit habe ich erkannt, nicht, was Essen bedeutet, sondern den Wert eines Zuhause, einer eigenen Familie, was echte Freunde bedeuten, ...
D:
Zähl nur weiter deine Erfahrungen auf. Das klingt sehr nett. Ich habe an mein Alter gedacht. Ich habe in der Zeit immer funktioniert, damit es mir später gut geht.. Mein Leben ist: "erst die Arbeit, dann das Vergnügen". Du denkst ja nur ans Jetzt. Aber wohin das führt, siehst du ja
U:
Du, so ist das nicht, aber ich will mich nicht mehr verteidigen. Ich habe Fehler gemacht und die bedauere ich sehr, aber die Zeit war für mich nicht verloren. -- Ich hatte Träume, und es war nicht immer leicht, mit ihnen richtig umzugehen. -- Hast du denn keine Träume?
D:
Ja doch, aber Träume hindern am Arbeiten und machen nicht satt.
U:
Träume helfen mir meinen Weg zu finden, und dafür brauche ich Zeit!
D:
Ja, ich gebe zu, ich war neidisch auf dich, als du fortgegangen warst. Ich habe auch Träume. Ich stell mir vorauch mal Zeit für mich zu haben, Zeit zu haben, nichts zu tun, Zeit zu haben, zum Nachdenken, Zeit zu verschwenden.
U:
Du, das steht aber im Gegensatz zu deinem Bedürfnis, schon jetzt für dein Altenteil zu sorgen. Du willst also auch Zeit für dich, dann nimm sie dir.
Dorit S., Udo R.