Text für den Verkündigungsteil der ThomasMesse am 24.09.2000

Im St. Petri Dom zu Bremen

Thema: Sehn-Sucht


Ha:

Lesung: Genesis 3, 1-13

He:

Adam - das heißt 'Mensch'.
Ich bin Adam und Du auch. Jeder ist Adam.
Ob Mann oder Frau.
Seine Geschichte ist unsere Geschichte
Denn: So wie Adam ist der Mensch.

Ha:

'Ihr werdet sein wie Gott' - sagt dieVersuchung.

He:

Ihr werdet groß sein, stark und unabhängig.
Niemand schreibt euch mehr vor, wie ihr zu leben habt
Danachsehnte Adam sich.
Danach, groß zu sein und stark undfrei und mächtig - wie Gott.
Nicht mehr nur einMensch, klein und schwach und auf Gott angewiesen.

Sehnt sich nicht ein jeder nach Anerkennung, danach beachtet zu werden, unabhängig zu sein, nach Glück?
Was ist schon falsch an dem Wunsch, Erfolg zu haben, beachtet und geachtet zuwerden?
Und was bin ich nicht bereit dafür zu tun, so zu sein und mich so zu fühlen?
Wenn es schon nicht das ganz große Glück, die ganz große Sehnsucht ist, die inErfüllung geht, warum soll ich dem kleinen menschlichen Glück, den kleinenSehnsüchten nicht ein wenig nachhelfen wo ich es kann?

Darin liegt die Versuchung, bereit zusein fast alles dafür zu tun, dass sich dieses Gefühl einstellt. Und wie schwer ist es, dieser Verlockung zu entkommen und ihr nicht zu erliegen!

Ha:

'Da wurden ihnen die Augen geöffnet und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren.'

Wi:

Ja, die Schlange hatte recht.
Ich war der Königder Nacht. Die Drogen, die ich nahm, gaben mir dieses Gefühl unsterblich zusein, der Größte zu sein.
Ich tanzte von Rausch zu Rausch und meine Partnerin war die Disco Queen. Es war großartig, und alle Probleme schienen sich im flackernden Neonlicht, das sich auf dem nassen Kopfsteinpflaster spiegelte, in nichts aufzulösen.

Doch mit dem neuenMorgen kam die Ernüchterung. Ich wachte auf und merkte, das ich nackt war.Hilflos und wehrlos den Folgen der Nacht ausgeliefert. Alles war wieder grau in grau. Die Nöte und Sorgen holten mich ein und die schmerzlichen Folgen desExzesses kamen noch hinzu.

Ir:

Drogen,Alkohol, Medikamente: sie haben etwasTeuflisches.
Zuerst erscheinensie so hilfreich. Ihr wahres Gesichtzeigen sie, wenn es zu spät oder fast zu spät ist.

Oft geht es um das Leben unserer Kinder.
Können wir dieEltern verstehen und unterstützen, die um drogenfreie Schutzräume für Kinder und Jugendliche kämpfen?
Sie fühlen sich denDrogen gegenüber völlig hilflos.
Aus derHilflosigkeit heraus ist es eine Versuchung zu denken:

In jahrelanger Arbeit im Elternkreis für drogenabhängige Kinder habe ich gelernt, dass nichtdie Drogen abhängig machen.

Sondern: UnsereUnfähigkeit, mit Gefühlen wie

Angst Enttäuschung Und Frust umzugehen.
Diesen Schmerzwollen wir betäuben.

Es war eine großeBefreiung für mich, meine Angst und Sorgen loszulassen, sie in Gottes Hände zulegen.
Er wird Wege der Hilfe finden, wenn ich nicht mehr weiter weiß.

Ha:

Da sprach Adam: 'Das Weib, das Du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum.
Und das Weib sprach: Die Schlange betrog mich.

Wi:

Während meiner aktiven Suchtzeit hatte ich ständig Angst vor den Folgen meines Handelns, vor der Verantwortung.
Ich schämte mich dafür, an der Krankheit Sucht zu leiden.
Ich versuchte dieseGefühle tief in mir zu verstecken.
Wenn jemand mich fragte, versuchte ich vonmir abzulenken.

Zuerst gab ich der Gesellschaft die Schuld: Ich hatte nie eine Chance gehabt. Ichwurde politisch aktiv und versuchte etwas daran zu ändern.

Dann gab ich anderen Menschen die Schuld für das, was ich war: Meinen Eltern und denletzten Freunden, die mir noch blieben. Ich verletzte die am meisten, die micham meisten liebten.

Als ich von allenverlassen war, halb tot von den Drogen und nur noch sterben wollte, da regte sich etwas in mir, das leben wollte.

Heute weiß ich, dass Gott mich damals nicht alleine ließ und er mich durch diese dunkle Zeitgetragen hat. Heute (im nachhinein ?) kann ich seine Spuren im Sand erkennen. Er hat mich beim Namen gerufen und dadurch befreit. Das Angenommen-Sein, mich von Jesus geliebt zu fühlen, gab mir die Kraft, neu anzufangen.

Heute lebe ich durch seine Gnade ohne Drogen. Dafür bin ich dankbar.

Nun weiß ich, dassmeine Sehnsucht schon immer ein Sehnen nach Gott war.

Allein seine grenzenlose Liebe konnte die grenzenlose Leere in meinem Inneren füllen.

Wilfried K., Hannelore, Irmtraud S., Henner F.