Text für den Verkündigungsteil der TomasMesse am 28.11.1999
Im St. Petri Dom zu Bremen
Schnell, alles muss schnell erledigt werden. Und zwischendurch mal eben was essen oder am Besten dabei, denn eigentlich habe ich keine Zeit für’s Essen.
Richtig essen - wie oft leisten wir uns das?
Für mich als Kind sorgte meine Mutter. Morgens bereitete sie den Frühstückstisch. Mittags wurde gemeinsam, gegessen - und es gefiel ihr gar nicht, als ich meinem Sportverein gehorchend auf ihr liebevolles Frühstück verzichtete.
Das waren gemeinsame Zeiten, die heute nur schwer zu organisieren sind - So ist unsere Zeit.
Und was hören wir da: vor 2000 Jahren war das gar nicht so anders:
Keine Zeit zum Essen finden die Jünger, wollen sich endlich zurückziehen, wollen in der Einsamkeit Kraft schöpfen, bestimmt auch das Gefühl genießen, Gott nahe zu sein. Und dann kommen Scharen von Menschen und durchkreuzen ihr Bedürfnis nach Ruhe.
Kennen Sie das auch: Sie sitzen in der Mittagspause, wollen ausspannen und dann kommt ein Kollege und nervt Sie mit einem Problem, an dem er gerade arbeitet, das er natürlich auch nach der Pause mit Ihnen besprechen könnte?
'>Zugegeben, ein banales Beispiel, denn die Menschen, die sich um Jesus scharen, wollen ja nicht mit irgendeinem Erzeugnis noch mehr Geld verdienen. Sie suchen Rat, um Ihr Leben besser gestalten zu können, wohl um gesund zu werden – körperlich und geistig. Wenn Jesus zu den Menschen spricht dann ist das geistige Nahrung. Und davon hat er nun den ganzen Tag ausgeteilt. Es soll aber immer noch nicht genug sein. Da schiebt er einen Riegel vor und macht ganz deutlich, dass auch der Körper seinen Tribut verlangt. Er macht die Menschen, die zu ihm kamen satt. An Seele und Leib. Und es ist ihm wichtig, auch seinen Jüngern zu zeigen, wie viel ihm das Essen in Ruhe bedeutet. Denn er schickt sie nicht weg. Obwohl zunächst gar nicht genug Speise vorhanden zu sein scheint, sammelt und verpflegt er alle.
Das hat einen guten Grund:
Gott kann uns beim Essen so nahe sein: ich fühle es durch die Menschen deren Nähe ich erfahre, wenn ich zur Ruhe komme. Und in der Nahrung, die ich aufnehme. Dafür danke ich Gott: ich bete ja auch ‚unser tägliches Brot gib uns heute’.
Wie vielen Menschen wird nicht davon zugeteilt. Sie erleben das Wunder der Speisung nicht. Und ich hadere mit Gott, weil er Menschen so vernachlässigt. Dabei weiß ich nicht einmal, ob ich das Recht habe, Gott zu fragen, warum das so ungerecht ist – da ich in dem Teil der Welt lebe, in dem die Ungerechtigkeit zuhause ist. Überfluss und Mangel liegen bei uns so dicht. Wenn ich an die vor uns liegenden Festtage denke, sehe ich sie wieder, die Essenberge, durch die wir uns nicht zu selten durch’arbeiten’. Viel zu viel, als dass wir alles essen können: Im Abfall landen die Reste. Jesus ließ die Reste einsammeln.
Und selbst in unserer Nähe leben Menschen, die wirklich Hunger haben - die auf der Suche nach Essen nicht vor Müllbehältern zurückscheuen! Ich kann sie gar nicht übersehen, wenn ich aufmerksam durch unsere Stadt – vielleicht sogar über den Weihnachtsmarkt - gehe.
Und wenn dann jemand kommt und fragt: „haste mal ne Mark? -“ - was dann? Hilft das Bisschen? Ist es nicht viel zu wenig, was ich tun kann?
Oder Kann ich vielleicht doch etwas zu dem Wunder beitragen?
Einfach, indem ich nicht wegschaue? Indem ich mit anderen teile – selbst wenn ich nur eine Kleinigkeit gebe - geben kann - um zu helfen? Wenn es Gott recht ist, und ich es ehrlich meine, vielleicht gibt er das Nötige dazu, dass mein Bisschen letztlich doch hilft.
Ich will mich nicht von der Betriebsamkeit auf dem Weihnachtsmarkt ergreifen lassen. Ich nehme mir Zeit für die Familie, Freunde, Mitmenschen. Der Versuch, keine der vielen Köstlichkeiten auszulassen, würde mich sowieso krank machen. Ich nehme mir vor, statt des vielen Essens die weihnachtliche Stimmung aufzunehmen.
Udo. R