Das Wort Chassidim stammt aus dem hebräischen und bezeichnet die frommen Menschen. Der moderne Chassidismus charakterisiert eine durch das Vertrauen auf Gott geprägte Richtung des Judentums, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts von Israel ben Eliezer gegründet wurde. Nach dem Glauben der Chassidim ist Gott ist überall, auch im Bösen, und der Mensch muss danach streben, das Böse in Güte umzuwandeln.
Zum erstenmal wurden in der jüdischen Geschichte im Altertum jene Gruppen als Chassidim bezeichnet, die sich der Überfremdung durch den Hellenismus widersetzten. In den Makkabäerbüchern lesen wir von solchen "Frommen".
Das zweitemal wird diese Bezeichnung wichtig, als eine jüdische mystisch-asketische Bewegung während des 12. und 13. Jahrhunderts in Deutschland entstand. Wie für die christlichen Bettelorden -vor allem die Franziskaner- standen auch für diese Chassidim an erster Stelle die Forderung nach Einfachheit, Demut, Nächstenliebe
Die dritte chassidische Bewegung, die auch noch bis in die Gegenwart hinein wirksam geblieben ist, und um deren Erforschung sich vor allem der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber bemühte, entstand in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den jüdischen Gemeinden des Karpatengebirges und verbreitete sich von dort sehr schnell in die benachbarten Länder Polen, Rumänien, Ungarn und Rudssland. Sie wollte die kleinen Leute sammeln, trösten und die religiöse Erstarrung der rabbinischen Gottesgelehrsamkeit brechen. Statt einer übertriebenen Askese sollte auch Frohsinn und messianische Heilserwartung Religion und Gottesdienst durchdringen. Dem Lehrhaften wurde das Gefühl, dem Wissen die Intuition vorgezogen. Es wurde um Verinnerlichung der jüdischen Religion gegenüber starrer Gestzeslehre gerungen. Der Chassidismus hat die von der orthodoxie nicht gestillte Gottessehnsucht aufflammen lassen und im Gegensatz zum Intellektualismus die Gemütswerte betont. Dabei wurde auch eine reiche Gebetsmystik entwickelt.
Als Begründer dieses Chassidismus gilt Israel ben Eliezer, auch Baal Schem
genannt, geboren 1698, ein Mann, der aus der Einsamkeit der
Berge und Wälder kam und über dessen Leben bald der Schleier der Legende
gebreitet wurde. Nach seinem Tod breitete sich die Bewegung
bis nach Palästina aus, so dass sich im frühen 19. Jahrhundert neben
Jerusalem und Hebron auch in Safad und Tiberias chassidische
Gemeinden bildeten.
Trotz des Argwohns, den das orthodoxe Judentum der chassidischen Bewegung entgegenbrachte,
war um die Mitte des 19. Jahrhunderts fast
die Hälfte aller Juden Osteuropas chassidisch geworden. Der Chassidismus
lebt heute in Gemeinden der USA und im Staate Israel weiter und hat hier vor allem Formen eines religiösen Sozialismus angenommen: die Kibbuzim, die
landwirtschaftlichen Gemeinschaftsbetriebe in
Israel, können geradezu als eine weltliche Ausprägung des chassidischen
Geistes angesehen werden. Auch in den Bildern von Marc Chagall ist das chassidisch
geprägte Judentum Osteuropa lebendig geblieben.
Martin Buber hat die Glaubenswelt des Chassidismus wiederentdeckt. Er hat damit auf das religiöse Bewußtsein, nicht nur des Judentums, sondern auch des Christentums eingewirkt. Martin Buber veröffentlichte 1927 eine Sammlung tiefgründiger Glaubenssätze des Baal-Schem-Tow, der den Umgang mit Gott gelebt hat:
Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung von Helga Ehlers.
Literatur Hinweis:
Martin Buber,
Baal Schem Tow -Unterweisung im Umgang mit Gott
Verlag Lambert Schneider, Heidelberg, 1927