Termin
Datum30. Januar 2000
Thema
Sabbat - Sonntagsruhe
Bibeltext
2.Mos.20, 9-11
5.Mos. 5, 13-15
Zusatzinformation
Sabbatruhe - die Befreiung
von der Arbeit an einem festen Tag in der Woche ist ein uraltes, in vielen Religionen
verankertes Recht. Was bedeutet es für die Menschen, wenn ein immer kleinerer
Teil der Gesellschaft dazu Gelegenheit hat?
Viele Menschen müssen
am Sonntag arbeiten. Ist das ein Grund, die anderen auch nicht mehr davor zu
schützen? Die Einhaltung der Sonntagsruhe ist in unserer komplexen, industriellen,
Gesellschaft nicht konsequent durchführbar. Das ist immer wieder Anlass,
den Umfang der Arbeitsruhe einzuschränken - weiter und weiter. Ein aktuelles
Thema, das sich in der Geschichte aber wiederholt. Man denke an die Auseinandersetzungen,
während der Reichskanzler Bismarck im Ausklingenden 19. Jahrhundert gegen
die Sonntagsruhe, zugunsten der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Exportindustrie
Stellung nahm. Trotzdem wurde 1891 ein Arbeitsschutzgesetz erlassen, das im
Gewerbebereich die Sonntagsarbeit verbot. Neben religiösen gaben auch soziale
Gründe Anlass dazu. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Bremer ThomasMesse
sind sich einig, dass die Festlegung auf einen freien Tag in der Woche eine
wichtige soziale Funktion in unserer Gesellschaft hat. Ihre Gedanken dazu werden
die ThomasMesse am letzten Sonntag im Januar füllen. Daneben wird Abschied
von Tim Günther genommen, dem Leiter der Band, der die Messe ihre neuzeitliche
Musikbegleitung verdankt. Tim Günther führt in der Januar-Messe zum
letzten Mal durch das musikalische Programm und übergibt diese Arbeit aufgrund
seiner vielfältigen anderen Aufgaben einem Nachfolger.
Der Sabbath ist das Geschenk
des Judentums an alle Völker. Nach biblischer Zählung ist der Sabbath
der 7. Tag der Woche. An ihm soll der Schöpfung gedacht werden. (Der christliche
Sonntag ist nach dieser Zählung der 1. Wochentag. Das Gebot der Feiertagsruhe
ist vom Sabbath auf den Sonntag übergegangen) Die Bibel begründet
das Gebot der Sabbathruhe auf zwei Weisen: 1. Gedenktag der Schöpfüng:
Gott ruhte am 7. Tag der Schöpfüng. An dieser Ruhe soll auch der Mensch
Anteil haben. 2. Gedenktag der Befreiung aus der Sklaverei: Nur Sklaven arbeiten
an jedem Wochentag. Gott möchte aber freie Menschen und keine Sklaven.
Der Sabbath unterbricht die Zeit und gibt ihr eine Struktur. Ohne Struktur versinkt
die Zeit im Chaos. Er unterscheidet sich von den anderen Wochentagen durch die
Ruhe. Erst im Protestantismus wird der Gottesdienstbesuch das besondere Merkmal
des Sonntags, das ihn von anderen Tagen unterscheidet. Der freie Tag ist ein
Zeichen für die Würde des Menschen. Tiere können nur Tag und
Nacht unterscheiden, allein der Mensch kennt Alltag und Feiertag. Der Sabbath
erinnert den Menschen also auch an seine besondere Würde. Der Mensch ist
mehr als ein Arbeitstier. Der Mensch ist ein soziales Wesen: Darum braucht er
den Sonntag als gemeinsame freie Zeit, um Gemeinschaft pflegen zu können.
Ohne Sonntag ist der Mensch nur noch Schaffender bzw. Konsument. Der freie Tag
widerspricht dem Machbarkeitswahn unserer Zeit und befreit den Menschen von
dem Diktat der Wirtschaftlichkeit. Das Leben lässt sich nicht in Mark und
Pfennig verrechnen, es passt in keine Bilanz mit Soll und Haben. Heute reicht
es nicht mehr, auf das biblische Gebot der Ruhe 1 Verbot der Arbeit hinzuweisen.
Den Sonntag kann man nur retten, wenn es gelingt, deutlich zu machen, dass die
Ruhe dem einzelnen wie der Gemeinschaft gut tut. Trotzdem ist das SonntagsgefühI
für viele geprägt von Leere. An einem Sonntag wird vielen bewusst,
dass sie einsam sind, die Ruhe ist für sie bedrückend, die Familie
hat Mühe miteinander auszukommen, die Telefonseelsorge hat besonders viele
Anrufer. Auf der anderen Seite ist die Ruhe auch wohltuend, die Alltagsgeräusche
übertönen nicht mehr die Stimmen der Natur. Wie der Sonntag erlebt
wird, hängt wohl auch damit zusammen, ob und wie man ihn bewusst gestaltet.
In Israel geben sich die Menschen viel Mühe mit der Vorbereitung des Sabbaths:
das gemeinsame Essen und Tanzen sind ganz wichtig. So wird der freie Tag zu
einem fröhlichen Gemeinschaftstag.
nach oben